Mein Vater konnte gut genießen. Das obige Foto zeigt ihn auf einer der beiden Geburtstagsfeiern in November 1964. Mein Bruder hat am 12.11. Geburtstag, meine Schwester am 25.11. Da gab es zum Kuchen, wie man sehen kann, Schlagsahne, die damals noch per Handgerät geschlagen wurde. Und da blieb immer etwas im Quirl hängen.
Von seinem häufigsten Genuss gibt es kein Foto, weil das so alltäglich war. Immer nur abends ging er in die Küche, stellte sich in die rechte Ecke an den Küchenschrank. Dort waren im Hängeschrank Zucker, Haferflocken und Kaba deponiert. Er nahm sich eine alte Regimentstasse noch von seinen Eltern und mischte sich daraus unter der Zugabe von etwas Milche seine „flüssige Praline“, wie er seine Süßigkeit nannte. Dazu meinte er, den Werbeslogan für das Schokoladenpulver zitierend, „Ja, Kaba der Plantagentrank!“ Ich fand es ziemlich süß und mochte immer nur einen kleine Löffelportion davon. Aber er ließ jeden von uns Kindern an seinem Genuss teilhaben. Meiner Mutter war das abends zu kalorienreich. Erst im Pflegeheim musste er darauf verzichten. Das Essen dort war ihm immer reichlich, so dass er gerne Uschi, wenn sie ihn regelmäßig besuchte, etwas abgab, erstaunlicherweise vor allem von den Süßigkeiten.
Vor dem Genuss kommt oft die Arbeit. Davon zeugt folgendes Foto.
Wir waren 1961 und 1962 in den Bayerischen Wald in Urlaub gefahren. Jeden Sommer gab es dort eine Unmenge an Blaubeeren. Die wurden beim Wandern gepflückt und abends als Nachtisch oder auf Pfannekuchen gegessen. Bevor wir heimfuhren, wurden besonders viele gepflückt, damit wir dann zurück in Köln noch einmal in Blaubeeren und den Erinnerungen an den schönen Urlaub schwelgen konnten.
1962 ließen uns die Eltern mal für zwei Tage bei den Bauersleuten, den Quartiergebern, alleine und fuhren in die Ramsau. Ein Traum für die beiden aus der Großstadt!
Aber vor lauter Überwältigung von der Schönheit der Berge vergaßen die Eltern, sich um ein Nachtquartier zu kümmern. Also schliefen sie in unserm geräumigen Ford-Kombi.
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Und wuschen sich dann in einem kanalisierten Bach. |
Auf der Rückfahrt von Schottland 1971 stand am Parkplatz ein englischer Lastwagen, auf dem sich gut frühstücken ließ.
40 Jahre später feierten die Freunde den 80. Geburtstag von Bernhard Kuxdorf auf dem Schiff der Düsseldorfer Schifffahrtsgesellschaft Jan von Werth,. Dabei stellte mein Vater fest, dass sein Glas wirklich leer war.
Zum Abschluss des letzten Abendmahles sagte Jesus: „Ich werde von nun an nicht mehr von diesem Gewächs des Weinstocks trinken bis an den Tag, da ich’s neu trinken werde mit euch in meines Vaters Reich.“ (Matthäus 26,29) Wie die Getränkekarte im Himmel aussieht, weiß niemand. Aber mein Vater wird auch dort weiterhin genießen können.
In Psalm 23 heißt es: Er weidet mich auf grüner Aue und führet mich zum frischen Wasser. … Du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde. Du salbest mein Haupt mit Öl und schenkest mir voll ein.
In diesem Sinne wünsche ich allen Lesern offene Augen, Herzen und Hände für jeden Genuss und jede Freude, mit der uns Gott in vollen Zügen beschenken will!!
Ihr Dr. Friedhelm Röder
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