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Rosa im Geschwisterkreis 1932


Dieses Foto wurde 1932 im Garten ihres Elternhauses in Bruchhausen oberhalb von Unkel am Rhein vor dessen Umbau gemacht. Es zeigt von links Agnes (14 Jahre), Rosa (5 Jahre), Otto (10 Jahre) und Helmut (3 Jahre). Der Name der kleinen Puppe wurde nicht überliefert. 


Liebe Leser,

zu diesem Foto ergab sich kurz vor ihrem Tod noch eine Besonderheit. Mein Vater berichtete mir, dass meine Mutter in den letzten Wochen ihres Lebens in seiner Gegenwart wiederholt nach ihrer Mutter und nur nach den Geschwistern gerufen hätte, die auf dem obigen Foto zu sehen sind. Sie bewegte sich also demenzbedingt nicht mehr in der Gegenwart, sondern im Jahre 1932. Ihre älteste Schwester Hilde hatte damals bereits das Elternhaus verlassen.  

Aus Sicht meines Vaters sei bemerkenswert gewesen, dass sie nach ihrer Mutter „Mama, Mama!“ gerufen hätte. So hätte er sie nie über ihre Mutter reden hören. Er kannte seine Schwiegermutter aus ihrem Reden bis dahin nur, wie im Dialekt üblich, etwas distanziert als „de Mamm“. Denn nachdem sie sich als junge Frau vom Katholizismus abgewandt hatte und Mitglied der Freien evangelischen Gemeinde geworden war, hatte ihre Mutter mit ihr gebrochen. Das Verhältnis zwischen den beiden wurde auch später nie mehr so vertraut wie zuvor. Insofern hatte der dementielle Prozess meiner Mutter für diese auch etwas Gutes. Sie konnte sich von den jahrzehntelangen Spannungen zwischen ihrer Mutter und ihr lösen, indem sie die Erinnerungen daran schlicht vergaß, und in die Rolle des kleinen Mädchens zurückschlüpfte, wie es oben zu sehen ist.

Vor wenigen Tagen, am 23.10.2022 wäre meine Mutter 96 Jahre alt geworden. Ob sie zuletzt noch den Namen ihrer Puppe erinnert hätte?

Weitere Einzelheiten zu den Geschwistern finden sich in der Todesanzeigensammlung „Verwandte von Rosa“, die heute veröffentlicht wurde.

Mit herzlichen Grüßen

Dr. Friedhelm Röder

 


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